Laptop

Militante Islamisten

 


Der Laptop als Terrorhelfer

Terroristen haben gelernt, auf der Klaviatur der Medien zu spielen - wie das jüngste Geisel-Video aus dem Irak zeigt. stern.de sprach mit Terroristmusexperten Rolf Tophoven über das Internet als Waffe.

 

Herr Tophoven, welche Bedeutung haben Erpresser-Videobotschaften wie jene aus dem Irak, worin Deutschland aufgefordert wird, die Bundeswehr aus Afghanistan zurück zu ziehen?

Grundsätzlich werden solche Botschaften heute im Internet gepostet und übermittelt. Das zeigt zunächst einmal, dass die Terroristen oder Täter das Medium Internet in seiner Bedeutung erkannt haben und es perfekt und professionell nutzen. Wir haben es hier mit einer Symbiose aus High-Tech und Mechanik, aus Laptop und Kalaschnikow zu tun.

 

Ist das Internet damit zu einer Waffe von Extremisten geworden?

 Das Internet ist der virtuelle Selbstbedienungsladen und eine Art Universität der Dschihadisten. Denn über das Internet werden Leute aus den Chat-Rooms heraus angesprochen und rekrutiert, dafür gibt es Beispiele. Es werden Finanztransaktionen über das Netz durchgeführt. Man kann sich dort Anleitungen zum Bombenbau herunterladen. Wir müssen davon ausgehen, dass heute rund 5000 Web-Sites militanter Islamisten existieren. Mitte der 1990er Jahre waren es gerade zwölf. Wir sehen: Der Extremismus hat sich im Internet explosionsartig ausgebreitet und das Internet ist nicht zu kontrollieren. Wenn eine Website geschlossen wird, tauchen an anderer Stelle fünf oder sechs neue Seiten auf. Und wir sehen es gerade im aktuellen Kontext der jüngsten Geiselnahmen im Irak, dass sehr schnell entsprechende Videoaufnahmen in das Netz gestellt werden.

Zur Person:

 Rolf Tophoven beschäftigt sich seit über 25 Jahren mit den Phänomen des Guerrilla-Krieges und des Terrorismus. Er was bis zur Auflösung 1993 stellvertretender Leiter des Instituts für Terrorismusforschung in Bonn. Seit 2003 leitet er das neu gegründete Institut für Terrorismusforschung und Sicherheitspolitik in Essen.

 Sind derartige Videobotschaften mittlerweile Teil einer Art "Marketingstrategie" von Al-Kaida?

 Al-Kaida ist heute zerfasert und zersplittert in Dutzende von Grüppchen, die sich sozusagen unter dem Logo von Al-Kaida zusammenfinden und dieses "Gütesiegel", diese "Handelsmarke" fü¼r sich benutzen. Diese Zerfaserung der einst hierarchisch strukturierten Al-Kaida-Organisation ist ja eines der Probleme der Sicherheitsbehörden. Heute haben wir ein Netzwerk von Netzwerken mit vielfältigsten Gruppen unterschiedlichster Couleur, die sich in verschiedenen Ländern formieren. Diese Militanz hat viele Gesichter, sie existiert etwa in Ägypten, Algerien oder Marokko, ohne dass sich die Gruppen immer untereinander absprechen müssen.

 

 Die Taliban in Afghanistan waren fundamentalistische Bilderstürmer und haben religiöse Statuen zerstört - wie passt das mit der Nutzung von Bildern und Videos zusammen?

 Ich sehe das als keinen Widerspruch, denn wir müssen sehen, dass sich die Taliban in ihrer Propaganda noch zurückhalten, was Videoclips anbelangt. Aber wenn es dem taktischen Nutzen dient, dann nimmt man auch das in Kauf. Zudem: Die Taliban von heute sind andere Taliban als damals vor dem Anschlag auf das World-Trade-Center. Sie sind besser organisiert, sie koordinieren sich besser und sind insgesamt besser aufgestellt. Sie sind eindeutig gefährlicher, sie beherrschen das Geschäft der heutigen Medien und nutzen die modernen Kommunikationsmittel.